1) Rechtliche Ausgangslage
Am 1. Januar 2012 sind die neuen Art. 24a, 24b und 175a der Handelsregisterverordnung (HRegV) in Kraft getreten. Art. 24a und 24b HRegV regeln die Identifikation von natürlichen Personen. Art. 175a HRegV sieht vor, dass die Handelsregisterämter ab dem 1. Januar 2013 die für die Identifikation der natürlichen Personen erforderlichen Angaben nach Art. 24b HRegV erfassen müssen.
2) Identifikation von natürlichen Personen
Ziel der neuen Bestimmungen in Art. 24a und 24b HRegV ist es, die eindeutige Feststellung der Identität von natürlichen Personen zu garantieren.
2.1) Nachweis der Identität
Grundlagen für die Identifikation der natürlichen Personen Die Identität der im Handelsregister eingetragenen natürlichen Personen wird grundsätzlich auf der Grundlage eines gültigen Passes oder einer gültigen Identitätskarte oder einer Kopie eines gültigen Passes oder einer gültigen Identitätskarte geprüft (Art. 24a Abs. 1 HRegV).
Der Nachweis der Identität von eingetragenen natürlichen Personen kann jedoch auch in einer öffentlichen Urkunde oder in einer Unterschriftsbeglaubigung erbracht werden, sofern diese Dokumente die Angaben nach Art. 24b HRegV enthalten (Art. 24a Abs. 2 HRegV). Fehlen die identifikationsrelevanten Angaben oder sind sie unvollständig, sistiert das Handelsregisteramt die Eintragung bis die fehlenden Informationen nachgereicht werden.
Verfügt eine natürliche Person über kein gültiges Ausweisdokument, ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Person mit Schweizer oder ausländischer Staatsangehörigkeit handelt:
- Verfügt eine Schweizer Bürgerin bzw. ein Schweizer Bürger weder über einen Pass noch über eine Identitätskarte (es besteht keine Rechtspflicht in der Schweiz, einen Pass oder eine Identitätskarte zu haben), so ist die Identitätsprüfung auf der Grundlage von Art. 24a Abs. 2 HRegV möglich. Die in Art. 24a Abs. 2 HRegV vorgesehene Identifikation durch eine Urkundsperson ist als Alternative zu Art. 24a Abs. 1 und 3 zu verstehen. Demgemäss muss sich eine Person ohne gültigen Pass und ohne gültige Identitätskarte auf andere Weise durch eine Urkundsperson identifizieren lassen. Die Urkundsperson trägt dabei die Verantwortung für die korrekte Identifikation seiner Klientin bzw. seines Klienten in der Urkunde oder der Beglaubigung. Die identifikationsrelevanten Angaben zu einer Person müssen somit aus einer öffentlichen Urkunde oder einer notariellen Beglaubigung hervorgehen. Die Angaben gemäss Art. 24b Art. 1 Bst. g HRegV sind in diesem Fall nur dann zu erfassen, wenn sie die Urkundsperson genannt hat.
- Verfügt eine Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit weder über einen Pass noch über eine Identitätskarte (z.B. weil ein Staat keine Ausweisdokumente erstellt), oder ist das Ausweisdokument nicht lesbar (weil es bspw. in fremdsprachigen Schriftzeichen verfasst ist), so kann die Identitätsprüfung auch auf der Grundlage des gültigen schweizerischen Ausländerausweises erfolgen (Art. 24a Abs. 3 HRegV). Die Unmöglichkeit, die zur Anwendung von Art. 24a Abs. 3 HRegV führt, muss auf objektiven Gründen beruhen.
Registerrechtliche Behandlung der Kopien von Ausweisdokumenten
Das Handelsregisteramt darf zur Erfassung der für die Identifikation der Person erforderlichen Angaben nach Art. 24b HRegV eine Kopie des vorgelegten Dokuments erstellen.
Eine allfällig erstellte Ausweiskopie untersteht allerdings nicht der Öffentlichkeit des Handelsregisters (Art. 10–12 HRegV) und wird bei den nicht öffentlichen Korrespondenzakten hinterlegt (Art. 24a Abs. 4 HRegV)
Eine solche Kopie des Passes, der Identitätskarte oder des schweizerischen Ausländerausweises kann vernichtet werden, sobald der Tagesregistereintrag über die auf der Grundlage dieser Dokumente identifizierten natürlichen Personen rechtswirksam geworden ist. Die Eintragungen ins Tagesregister werden mit der Genehmigung durch das Eidg. Amt für das Handelsregister rechtswirksam (Art. 34 HRegV).
2.2) Angaben zur Identifikation
Identifikationsrelevante Angaben zu den natürlichen Personen
Art. 24b HRegV gibt eine abschliessende Liste der Angaben vor, die für die eindeutige Identifizierung einer im Handelsregister eingetragenen Person erforderlich sind.
Gemäss Art. 24b Abs. 1 Bst. a HRegV ist der Familienname der einzutragenden Person zu erfassen. Dabei ist grundsätzlich auf die im vorgelegten Ausweisdokument enthaltenen Namen abzustellen. Entspricht der Familienname auf dem Ausweisdokument nicht den zivilstandsrechtlichen Tatsachen, so kann die zu identifizierende Person auf der Grundlage eines neueren amtlichen Dokuments (bspw. durch einen Personenstandsausweis, einen Heimatschein oder einen Namensnachweis) den aktuellen zivilstandsrechtlichen Familiennamen erfassen lassen. Der Familienname einer Person ist vollständig und unverändert in den Datenbestand aufzunehmen (bspw. mehrteilige Namen oder Doppelnamen).
Gemäss Art. 24b Abs. 1 Bst. b HRegV ist – falls im Ausweisdokument aufgeführt – auch der Ledigname der einzutragenden Person zu erfassen. Als Ledigname einer Person gilt der Familienname, den diese Person unmittelbar vor ihrer ersten Eheschliessung geführt hat (vgl. Art. 24 Abs. 2 ZStV). Vornamen Gemäss Art. 24b Abs. 1 Bst. c HRegV sind alle im Ausweisdokument aufgeführten Vornamen der einzutragenden Person in der richtigen Reihenfolge zu erfassen. Wird der Nachweis der Identität in einer öffentlichen Urkunde oder in einer Unterschriftsbeglaubigung nach Art. 24a Abs. 2 HRegV erbracht, so kann das Handelsregisteramt davon ausgehen, dass darin alle Vornamen enthalten sind.
Gemäss Art. 24b Abs. 1 Bst. d HRegV ist das Geburtsdatum der einzutragenden Person zu erfassen. • Geschlecht Gemäss Art. 24b Abs. 1 Bst. e HRegV ist das Geschlecht der einzutragenden Person zu erfassen. Die Ausweisdokumente enthalten in der Regel die ausdrückliche Bezeichnung des Geschlechts einer Person und sind entsprechend in den Datenbestand aufzunehmen (d.h. «weiblich» bzw. «männlich» und nicht «Frau» bzw. «Herr»).
- Heimatort bzw. Staatsangehörigkeit
Gemäss Art. 24b Abs. 1 Bst. f HRegV ist bei Schweizerbürgern deren Heimatort und bei ausländischen Staatsbürgern deren Staatsangehörigkeit zu erfassen. Als Heimatort gilt die politische Gemeinde, in der die Person das Bürgerrecht besitzt (Art. 22 ZGB). Erfasst wird grundsätzlich nur ein Heimatort, resp. bei Doppelbürgern entweder der Heimatort in der Schweiz oder die ausländische Staatsangehörigkeit. Enthält der Nachweis der Identität mehrere Heimatorte oder Staatsangehörigkeiten, so ist auf die erst genannte Angabe abzustellen.
- Art, Nummer und Ausgabeland des Ausweisdokuments
Gemäss Art. 24b Abs. 1 Bst. g HRegV sind zudem die Art, die Nummer und das Ausgabeland des Ausweisdokuments zu erfassen, auf dessen Grundlage das Handelsregisteramt oder ggf. die Urkundsperson die identifikationsrelevanten Angaben zu den natürlichen Personen erfasst hat. Wenn der Nachweis der Identifikation in einer öffentlichen Urkunde oder in einer Unterschriftbeglaubigung nach Art. 24a Abs. 2 HRegV erbracht wird, so ist die Angabe der Art, der Nummer und des Ausgabelandes des Ausweisdokuments nur dann erforderlich, wenn sie die Urkundsperson genannt hat.
- Ruf-, Kose- oder Künstlername
Gemäss Art. 24b Abs. 2 Bst. a HRegV können zusätzlich zu den amtlichen Namen und Vornamen allfällige Ruf-, Kose- oder Künstlernamen erfasst: Als Rufnamen gelten die gängigen Vornamen, die Personen mit mehreren Vornamen im Alltag verwenden (z.B. “Fabienne Lina Sophie, Rufname Lina”). Als Kosenamen eingetragen werden Diminutive oder Abwandlungen von Namen und Vornamen, unter denen Personen im Alltag bekannt sind (bspw. “Frederick, genannt Fred”). Ferner können nebst den offiziellen Namen und Vornamen auch Künstlernamen registriert werden (z.B. “Smet, Jean-Philippe, Künstlername Johnny Hallyday”).
Gemäss Art. 24b Abs. 2 Bst. b HRegV ist zudem der Wohnsitz der einzutragenden Personen zu erfassen. Für den Wohnsitz ist auf den zivilrechtlichen Begriff von Art. 23 Abs. 2 ZGB abzustellen. Als Wohnsitz gilt demnach die politische Gemeinde, in der sich der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen der zu registrierenden Person befindet. Bei ausländischem Wohnsitz sind der Ort und die Landesbezeichnung zu erfassen.
Publizität der identifikationsrelevanten Angaben
Die Publizität der identifikationsrelevanten Angaben richtet sich nach Art. 119 Abs. 1 HRegV. Die nicht zur Publikation vorgesehenen Angaben (Geburtsdatum, Geschlecht, Angaben zum Ausweisdokument) werden derart erfasst, dass diese nicht öffentlich zugänglich sind.
2.3. Zeitpunkt der Datenerfassung
Gemäss Art. 175a HRegV müssen die Handelsregisterämter ab dem 1. Januar 2013 die für die Identifikation der natürlichen Personen erforderlichen Angaben nach Art. 24b HRegV erfassen. Damit die identifikationsrelevanten Angaben zu den eingetragenen natürlichen Personen innert nützlicher Frist zusammengetragen werden können, müssten diese Daten grundsätzlich bei jeder Handelsregistereintragung erfasst werden. Dies ist im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Art. 24a und Art. 24b HRegV jedoch aus praktischen Gründen nicht durchführbar, so dass die Erhebung der zur Identifizierung erforderlichen Informationen zumindest bei Neueintragungen und Mutationen von Angaben zur Identifikation natürlicher Personen (somit nicht bei blossen Änderungen der Funktion, der Zeichnungsberechtigung oder des Wohnsitzes) durchgeführt werden müssen.
2.4 Technische Voraussetzungen
Die technische Weisung “Blue Book – Swiss Commercial Registry Excerpt Specification ” wurde bereits an die Anforderungen der Art. 24a und 24b HRegV angepasst und den ITAnbietern der kantonalen Handelsregisterinformatik zur Verfügung gestellt. Für die allenfalls notwendigen Anpassungen an den kantonalen Handelsregisterapplikationen sind die Handelsregisterämter verantwortlich.
Praxismitteilung EHRA 1/13