Umsetzung des neuen Revisionsrechts

  • Allgemeine Revisionspflicht
  • Zeitpunkt des Beschlusses über ein Opting-out
    • AG, Kommanditaktiengesellschaft und GmbH
    • Genossenschaft
  • Anpassung der Statuten
  • Organisationsmangel und Belege für ein nach dem 30. Juni 2009 beschlossenes Opting-out

Allgemeine Revisionspflicht

Seit dem 1. Januar 2008 müssen alle Aktiengesellschaften (AG), Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und Genossenschaften ihre Jahresrechnungen von einer zugelassenen Revisionsstelle prüfen lassen (vgl. http://www.revisionsaufsichtsbehoerde.ch). Die neuen Bestimmungen zur Revision finden Anwendung auf Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2007 begonnen haben (Art. 7 Ueb.Best. OR ). Gesellschaften, die einer eingeschränkten Revision unterstehen, können auf die Durchführung einer Revision verzichten (Opting-out), wenn sie nicht mehr als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt (Wenn nach Abschluss des Geschäftsjahrs definitiv feststeht, dass die Schwelle der 10 Vollzeitstellen im betreffenden Geschäftsjahr überschritten wurde, so muss von der GV eine zugelassene Revisionsstelle gewählt werden, welche die Jahresrechnung prüft) haben und sämtliche Gesellschafter (Bei der AG müssen auch sämtliche Partizipanten dem Opting-out zustimmen [Art. 727a Abs. 2 i. V. m. Art. 656a Abs. 2 OR]) dem Verzicht zustimmen (Art. 727a Abs. 2 OR).

Zeitpunkt des Beschlusses über ein Opting-out

AG, Kommanditaktiengesellschaft und GmbH

Die ordentliche General- bzw. Gesellschafterversammlung (GV) muss innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres stattfinden (Art. 699 Abs. 2 OR; Art. 764 Abs. 2 i. V. m. Art. 699 Abs. 2 OR; Art. 805 Abs. 2 OR). Entspricht das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr und wollen die Gesellschafter auf die eingeschränkte Revision verzichten, so muss das Opting-out bis zum 30. Juni 2009 vor der Genehmigung der Jahresrechnung 2008 beschlossen worden sein. Die Anmeldung zur Eintragung dieses Opting-outs darf auch nach dem 30. Juni 2009 beim Handelsregisteramt eingereicht werden. Wird eine nicht geprüfte Jahresrechnung ohne vorangehendes Opting-out von der GV genehmigt, so ist der betreffende Beschluss nichtig, da der erforderliche Revisionsbericht fehlt (vgl. Art. 731 Abs. 3 OR). In diesem Fall muss die GV die Genehmigung der Jahresrechnung wiederholen. Damit die GV die Jahresrechnung 2008 rechtswirksam genehmigen kann, muss diese entweder von einer seitens der GV gewählten zugelassenen Revisionsstelle geprüft worden sein oder vorgängig ein Opting-out beschlossen werden.

Genossenschaft

Im Genossenschaftsrecht, das keine explizite sechsmonatige Frist für die Durchführung der ordentlichen GV im Sinne des Aktienrechts (Art. 699 Abs. 2 OR) vorsieht, ist die ordentliche Generalversammlung innerhalb von zwölf Monaten seit Abschluss des Geschäftsjahres durchzuführen, da jährlich über die Genehmigung der Bilanz und Betriebsrechnung („Jahresrechnung“) abzustimmen ist (Art. 879 Abs. 2 Ziff. 3 OR; Art. 856 Abs. 1 OR; Art. 957 f. OR) . Entspricht das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr, so müssen die Genossenschafter das Opting-out bis zum 31. Dezember 2009 vor der Genehmigung der Jahresrechnung 2008 beschliessen. Die Anmeldung zur Eintragung dieses Opting-out darf auch nach dem 31. Dezember 2009 beim Handelsregisteramt eingereicht werden.

Anpassung der Statuten

Wird durch das Opting-out eine Änderung der Statuten erforderlich (dies ist beispielsweise der Fall, wenn in den Statuten die Wahl einer Revisionsstelle vorgeschrieben oder auf altrechtliche Bestimmungen verwiesen wird), muss die Gesellschaft die Statuten anpassen. Der entsprechende Beschluss muss bei der AG, der Kommanditaktiengesellschaft und der GmbH öffentlich beurkundet werden (Art. 647 OR; Art. 764 Abs. 2 i. V. m. Art. 647 OR; Art. 780 OR). Es ist zulässig, dass das oberste Leitungs- und Verwaltungsorgan der Gesellschaft (Art. 727a Abs. 5 OR; Art. 764 Abs. 2, 818 und 906 Abs. 1 i. V. m. 727a Abs. 5 OR) eine offene Statutenbestimmung zur Revisionsstelle (vgl. Art. 30 f. der Musterstatuten zur GmbH http://www.bj.admin.ch/etc/medialib/data/wirtschaft/gesetzgebung/gmbh.Par.0043.File.tmp/gmbh_musterstatuten_ohne_komm-d.doc) einführt, mit welcher vermieden werden kann, dass die Statuten erneut geändert werden müssen, wenn die Voraussetzungen für das Opting-out nicht mehr erfüllt sind.

Organisationsmangel und Belege für ein nach dem 30. Juni 2009 beschlossenes Opting-out

Entspricht das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr und hat die Gesellschaft bis am 30. Juni 2009 weder eine zugelassene Revisionsstelle noch ein Opting-out, inkl. den jeweils erforderlichen Belegen (Art. 62 Abs. 2 HRegV), zur Eintragung angemeldet, so darf das Handelsregisteramt davon ausgehen, dass der Gesellschaft ein gesetzlich vorgeschriebenes Organ fehlt und folglich ein Mangel in der Organisation vorliegt (Art. 731b OR; Art. 941a OR). Das Handelsregisteramt hat die Gesellschaft aufzufordern, diesen Mangel innert 30 Tagen zu beheben (Art. 154 Abs. 1 und 2 HRegV ). Bleibt das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Gesellschaft untätig, beantragt das Handelsregisteramt dem Richter, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen (vgl. Art. 731b OR; Art. 764 Abs. 2, 819 und 908 i.V.m. Art. 731b OR; Art. 941a OR; Art. 154 Abs. 3 HRegV). Wird das Opting-out nach dem 30. Juni 2009 von den Gesellschaftern beschlossen, so sind zusammen mit der Handelsregisteranmeldung folgende Belege einzureichen (vgl. Art. 62 Abs. 2; Art. 22 Abs. 3 HRegV):

  • Erklärungen sämtlicher Gesellschafter oder ein entsprechendes Protokoll der GV bezüglich Verzicht auf die eingeschränkte Revision der Jahresrechnung;
  • die Revisionsverzichtserklärung („KMU-Erklärung“), unterzeichnet von mindestens einem Mitglied des obersten Leitungs- und Verwaltungsorgan der Gesellschaft;
  • die gemäss Art. 961 OR unterzeichnete Jahresrechnung 2008(Wenn aus der Jahresrechnung 2008 ersichtlich ist, dass die Schwellenwerte von Art. 727 Abs. 1 Ziff. 2 überschritten sind, so muss die Jahresrechnung 2007 als zusätzlicher Beleg eingereicht werden, ausser die Vorjahreszahlen sind bereits aus der Jahresrechnung 2008 erkennbar);
  • eine öffentliche Urkunde betreffend die allfällige Statutenänderung, inkl. vollständiger neuer Fassung der Statuten.

Ist die Kapazität des Handelsregisteramts durch die anfallende Arbeitslast beschränkt und sind die Gründe hierzu nicht in der mangelhaften Organisation des Handelsregisteramts zu finden, darf eine Prioritätenliste zum Abarbeiten der Pendenzen erstellt werden. Die Festlegung der Prioritäten hat unter Beachtung der Rechtsgleichheit nach sachlichen Kriterien zu erfolgen, u. a. sind Anzeigen von Gläubigern und gesellschaftsexternen Personen hinsichtlich von Organisationsmängeln vorrangig zu berücksichtigen.

Praxismitteilung EHRA 2/09 – 2. Juli 2009